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48 Schwalbennester. Achtundvierzig

Neulich in einem sozialen Netzwerk: Eine Anfrage, wo man denn Kunstbester für Schwalben bekommen könnte, die armen Vögel finden nichts zum Bauen.
Eine gut gemeinte Anfrage, die recht bald zahlreiche Antworten erfährt. Ich lerne dabei: es gibt tatsächlich von Menschenhand gemachte Schwalbennester.
Und es dauert natürlich auch nur wenige Kommentare, bis nicht Hilfe angeboten sondern ein Schuldiger gefunden ist: Die konventionelle Landwirtschaft mit ihren „Monokulturen“ und „Ackergiften“ schwäche die Schwalben so stark, dass sie zu schwach sind, selbst Nester zu bauen.
Aha. So lernt man jeden Tag etwas Neues.
Wir sind ja per Definition ein konventioneller Betrieb, aus irgendeinem Grund gibt es in unserem Dorf nur konventionelle Bauern, Die Felder in der Umgebung sind demnach nur in Ausnahmefällen biologisch geführt.
Aus irgendeinem Grund hindert dass aber die Schwalben nicht, bei uns Nester zu bauen und hier die warme Jahreszeit zu verbringen.

Achtundvierzig.

Von dem Kommentar animiert, habe ich mal unsere Schwalbennester gezählt. Die sind recht breit verteilt, im Bereich der Einfahrt, in Garagen und im Stall haben wir Nester, die sowohl Rauch- als auch Mehlschwalben Heimat bieten. In Summe sind es 48. Eine recht ordentliche Zahl, die sich wohl über die Jahre nicht sehr stark verändert, Schwalben sind ein Begleiter meiner Kindheit, waren in meiner Jugend da, sie trotztem mit uns unsäglichen EU-Verordnungen die sie aus Stallungen verbannen wollten und sie sind bis heute geblieben. 
Achtundvierzig bewohnte Nester, während ich das schreibe, zwitschert es im Hof, manchmal merkt man es gar nicht mehr, weil es wie selbstverständlich dazu gehört.
Wenn sich Schwalben nicht ansieden, dann weil ihnen das Baumaterial für Nester fehlt, weil ihnen Futter fehlt, weil ihnen Wasserlacken und „Gatsch“ fehlt. Und das sind alles Dinge, die man bewusst zur Verfügung stellen kann. 
In einer durchdesignten, modernen Umgebung wird das nicht der Fall sein, wenn der Rasenmähroboter täglich fährt wird das Gras nie so lang, dass man daraus ein Nest bauen kann und wenn auch im letzten Eck kein Platz für eine Gatschlache ist, dann fehlt der Mörtel.
Wir haben spezielle Schutzkästen gebaut, um beim Waschen des Stalles die Nester nicht zu zerstören. Das bringt wahrscheinlich mehr als eine Meldung an Birdlife, die mir Nahe gelegt wurde.
Unseren Schwalben ist es wohl recht egal, ob sie in irgendeiner Datenbank registriert sind.

Es liegt an uns, den Vögeln und Insekten die Umgebung so zu gestalten, dass sie in der Nähe der Menschen leben wollen. Ob Privathaushalt, ob konventioneller oder biologisch wirtschaftender Bauer, wir können alle unseren Beitrag dazu leisten.
Der einfachere Weg ist es vielleicht, einen Schuldigen zu suchen und bei Amazon ein Kunstnest aus China zu bestellen. Das Problem wird man auf diese Art aber nicht lösen können.

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